Die Türkei, die an der Schnittstelle der Kontinente Asien, Europa und Afrika liegt und aufgrund ihrer Position als Brücke zwischen politisch und wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern sowie wohlhabenderen Staaten fungiert, wurde über Jahre hinweg von irregulären Migranten als Transitland genutzt. Doch in den letzten Jahren, mit dem Aufstieg der Türkei als regionale Macht, hat sie sich zu einem Zielland für Migration entwickelt. Darüber hinaus haben langanhaltende Turbulenzen im Nahen Osten, im Kaukasus und auf dem Balkan zu massiven Flüchtlingsströmen geführt, und aufgrund historischer Bindungen sowie eines Verständnisses von Verantwortung hat die Türkei diesen in Not befindlichen Asylsuchenden ihre Türen geöffnet. Seit den 1980er Jahren ist die Türkei nicht mehr nur ein Land, das Migration hervorbringt, sondern auch ein Land, das Migration empfängt. Die durch die Globalisierung bedingte Freiheit der Kommunikation und des Reisens hat weltweit zu einem Anstieg der Migrationsbewegungen geführt, und auch die Türkei wurde tief von diesem Globalisierungsprozess beeinflusst.
All diese Gründe haben unser Land dazu veranlasst, Strategien zur Bekämpfung der irregulären Migration zu entwickeln, rechtliche Reformen durchzuführen und internationale Kooperationen zu fördern. In diesem Zusammenhang wurde zur Steigerung der Effektivität im Kampf gegen die irreguläre Migration mit dem am 15.07.2018 veröffentlichten Präsidialdekret Nr. 4 die Hauptabteilung für die Bekämpfung der irregulären Migration eingerichtet. Anschließend wurde im Zuge der Änderungen durch das Präsidialdekret Nr. 85 vom 29.10.2021 die Generaldirektion für die Bekämpfung der irregulären Migration und Abschiebungen in die Einheiten der gegründeten Präsidentschaft für Migrationsverwaltung aufgenommen. Der Aufgabenbereich der mit den besagten Dekret Änderungen eingerichteten Generaldirektion wurde wie folgt festgelegt:
1) Aufgaben und Verfahren im Zusammenhang mit irregulärer Migration durchzuführen,
2) die Koordinierung zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den zuständigen öffentlichen Einrichtungen und Organisationen sicherzustellen, um irreguläre Migration zu bekämpfen, Maßnahmen zu entwickeln und die Umsetzung der getroffenen Maßnahmen zu überwachen,
3) die Bestimmungen der Rückübernahmeabkommen, denen die Türkei beigetreten ist, durchzuführen,
4) Rückführungszentren zu betreiben oder betreiben zu lassen,
5) Weitere vom Präsidenten übertragene Aufgaben wahrnehmen.
Strategien zur Bekämpfung irregulärer Migration
Mit dem Strategiedokument und dem Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration, die die Jahre 2015-2018 abdecken, wurden strategische Ziele für den Kampf gegen irreguläre Migration in unserem Land festgelegt und Maßnahmen zur Umsetzung ergriffen. Mit dem Ende dieses Zeitraums wurde das Strategiedokument und der Nationale Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration für die Jahre 2021-2025 vorbereitet und in Kraft gesetzt. Mit diesem Aktionsplan wurden folgende strategische Prioritäten festgelegt:
-Stärkung nationaler und internationaler Mechanismen und Kooperationen zur Verhinderung irregulärer Migration an der Quelle,
-Verbesserung der Grenzsicherheit und Entwicklung von Maßnahmen im Kampf gegen die irreguläre Migration;
-Effektive und umfassende Steuerung der Migration von ausländischen Arbeitskräften durch Politik;
-Durchführung der innerstaatlichen Verfahren für irreguläre Migranten mit einem menschenrechtsorientierten Ansatz, Erhöhung der Maßnahmen zum Schutz von besonders schutzbedürftigen irregulären Migranten und Entwicklung evidenzbasierter Politiken zur Bekämpfung irregulärer Migration,
-Stärkung des Systems zur Rückführung irregulärer Migranten im Rahmen von Menschenrechtsstandards und Sicherstellung ihrer Reintegration. Ziel ist es, diese strategischen Prioritäten mit der Unterstützung aller öffentlichen Institutionen, Organisationen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die im Bereich der Bekämpfung irregulärer Migration tätig sind, umzusetzen.
Freiwillige Rückkehr
Zusätzlich zu der geographischen und strategischen Lage unseres Landes hat die sich entwickelnde Wirtschaft dazu geführt, dass die Türkei sich von einem Transitland zu einem Zielland für irreguläre Migranten gewandelt hat. Diese Situation wirkt in den letzten Jahren als Anziehungspunkt für irreguläre Migranten und hat zu einem erheblichen Anstieg der Zahl der innerhalb unserer Landesgrenzen festgenommenen irregulären Migranten geführt.
Um die irreguläre Migration wirksam bekämpfen zu können, reicht es nicht aus, irreguläre Migranten durch Abschiebung aus dem Land zu entfernen; eines der Hauptziele ist es, ihre erneute Rückkehr in unser Land zu verhindern. Zu diesem Zweck wird angestrebt, die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern der irregulären Migranten zu verbessern und ihre Rückkehr aus unserem Land auf freiwilliger Basis, in Würde und in Übereinstimmung mit internationalen Standards zu ermöglichen.
In diesem Zusammenhang wurde am 24. Dezember 2019 eine zusätzliche Regelung zum Gesetz Nr. 6458 über Ausländer und internationalen Schutz vorgenommen, um die Grundlagen für den National Unterstützten Freiwilligen Rückkehrmechanismus zu schaffen.
Mit dieser Regelung wurde festgelegt, dass irreguläre Migranten, Opfer von Menschenhandel und Ausländer im internationalen Schutzverfahren, die freiwillig in ihr Herkunfts- oder ein Drittland ausreisen möchten, unterstützt werden können.
Internationale Zusammenarbeit
Unser Land zeigt seine klare Haltung gegenüber irregulärer Migration, indem es sowohl auf nationaler Ebene wirksame Maßnahmen ergreift als auch aktiv an internationalen Aktivitäten teilnimmt, die der Identifizierung von Problemen, dem Informationsaustausch, der gemeinsamen Bekämpfung und der Zusammenarbeit in diesem Bereich dienen. Die Türkei bekämpft irreguläre Migration über ihr Staatsgebiet hinweg und entfernt rechtswidrig anwesende Ausländer aus dem Land auf effektive und entschlossene Weise.
Der Kampf gegen die irreguläre Migration ist kein Thema mehr, bei dem Länder ihr Schicksal im Alleingang bestimmen können. In diesem Zusammenhang neigen Staaten dazu, bilaterale, regionale und globale Gruppen zu bilden, um diesen Kampf fortzuführen. Die Türkei ist zur Ermöglichung effizienterer und wirksamerer Maßnahmen im Bereich der irregulären Migration eine Zusammenarbeit mit zahlreichen nationalen und internationalen Institutionen eingegangen. An der Spitze der kooperierenden Institutionen stehen die Internationale Organisation für Migration (IOM), das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR), ICPMD sowie verschiedene nationale zivilgesellschaftliche Organisationen.
Die Türkei übernahm Anfang Januar 2006 den Vorsitz des Budapester Prozesses, an dem 53 teilnehmende und 4 Beobachterstaaten sowie 13 internationale Organisationen beteiligt sind. Ziel dieses Prozesses ist es, irreguläre Migration zu verhindern, dauerhafte Lösungen im Kampf gegen irreguläre Migration zu finden und nachhaltige Politiken im Bereich Migrationsmanagement zu entwickeln. Als Ausdruck der Bedeutung, die die Türkei der Bekämpfung irregulärer Migration beimisst, initiierte sie in diesem Prozess die Einrichtung der Arbeitsgruppe für die Seidenstraßenregion, die es ermöglicht, Herkunfts-, Transit- und Zielländer entlang der Migrationsrouten zusammenzubringen.
Die Türkei trägt auch zur Initiative Transit Migration Dialoge im Mittelmeerraum Region bei, die vom Internationalen Zentrum zur Entwicklung von Migrationspolitik (ICMPD) durchgeführt wird.
Die Türkei hat am 28. Mai 2012 mit FRONTEX (Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen) ein Protokoll zur Verhinderung irregulärer Migration unterzeichnet.
Rückübernahme-Abkommen
Eine der wirksamsten Methoden der internationalen Zusammenarbeit bei irregulärer Migration sind ‚Rücknahmeabkommen‘. Diese Abkommen verpflichten die Länder, Maßnahmen gegen irreguläre Migration zu ergreifen, und stellen gleichzeitig sicher, dass die Menschenrechte der irregulären Migranten gewahrt bleiben und sie gemäß internationalen Gepflogenheiten in ihr Herkunftsland oder das zuletzt durchreiste Transitland zurückgeführt werden. Mit anderen Worten: Rücknahmeabkommen regeln die sichere Rückführung von Personen, die sich irregulär in einem Land aufhalten, in das vereinbarte Herkunfts- oder Transitland unter den im Abkommen festgelegten Bedingungen und Regeln. Im Rahmen der Bekämpfung irregulärer Migration legt die Türkei besonderen Wert auf den Abschluss von Rücknahmeabkommen mit Transit- und Zielländern. In diesem Zusammenhang wurden seit 2001 Rücknahmeabkommen zwischen der Türkei und Ländern wie Syrien, Griechenland, Kirgisistan, Rumänien, Ukraine, Pakistan, Russland, Nigeria, Bosnien-Herzegowina, Jemen, Moldawien, Belarus, Montenegro, Kosovo, Norwegen sowie der Europäischen Union unterzeichnet. Darüber hinaus gibt es ein am 18. März 2016 vereinbartes Abkommen zwischen der Türkei und der Europäischen Union. Das Rücknahmeabkommen und die Roadmap für die Visumfreiheit mit der EU wurden gleichzeitig am 16. Dezember 2013 in Ankara unterzeichnet und am 25. Juni 2014 vom türkischen Parlament ratifiziert. Das Gesetz Nr. 6547 zur Genehmigung des Abkommens wurde am 28. Juni 2014 im Amtsblatt Nr. 29044 veröffentlicht. Gemäß Artikel 3 des Gesetzes Nr. 244 vom 31. Mai 1963 wurde die Genehmigung des Abkommens durch den Ministerrat am 21. Juli 2014 beschlossen und am 2. August 2014 im Amtsblatt Nr. 29076 veröffentlicht. Das Rücknahmeabkommen mit der EU trat am 1. Oktober 2014 in Bezug auf die Rücknahme und Transitregelungen für die Staatsangehörigen der Vertragsparteien in Kraft. Die Bestimmungen des Abkommens über die Rücknahme von Drittstaatsangehörigen sind jedoch bislang noch nicht in Kraft getreten.